Nürnberg – Wenn Andrej Streichert und Nadine Lang am Morgen den Nürnberger Tiergarten betreten, führt ihr Arbeitsweg vorbei an Robben, Delfinen, Hirschen und Antilopen. Ihre Aufgaben an diesem Tag: misten, misten und noch einmal misten.

Dazu kommen füttern und Gehege kontrollieren – aber manchmal auch Tiere töten. «Der Job ist körperlich sehr anstrengend», sagt Andrej Streichert, der vor einem Jahr mit der Ausbildung zum Tierpfleger begonnen hat. «Ich kann mir vorstellen, dass manche Leute es schwierig finden, den ganzen Tag Gehege sauber zu machen», fügt seine Kollegin Nadine Lang hinzu.

Sie schreckt das nicht. Bevor sie vor einem Jahr ihre Ausbildung zur Tierpflegerin im Nürnberger Tiergarten begann, hatte sie bereits eine Ausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten in der Tasche, zahlreiche Praktika im Züricher Zoo und bei Forschungsprojekten in Afrika absolviert sowie für eine Gepardenschutzorganisation gearbeitet. Auch das Einschläfern gehörte da mitunter dazu. Genau wie im Tiergarten, wo man darüber hinaus auch Futtertiere wie Ratten mit Gas töten muss. «Aus ethischen Gründen», erklärt Lang. Lebendige Futtertiere bedeuten zwar mehr Spaß für die Jäger, aber eben nicht für die Gejagten.

«Das ist der Spagat zwischen Tierschutz und Artenschutz», erklärt Michael Rolfs vom Berufsverband der Zootierpfleger. Im Tiergarten gehe es vor allem um die Art, und nicht um das Individuum – einzelne Tiere können dann manchmal hinten anstehen. «Ich versuche, keine allzu starke Bindung aufzubauen», erklärt Azubi Streichert seinen Umgang damit. Trotzdem sind Tierliebe und das Interesse an Tieren natürlich das A und O für die Arbeit im Zoo.

Dass man manchen Arten mit etwas mehr Respekt begegnet als anderen, ist normal. Nur Angst sollte man nicht haben, «das merken die Tiere», sagt Lang.

Streichert und Lang durchlaufen bei ihrer Ausbildung in Nürnberg alle Reviere, angefangen bei den Huftieren. Zunächst werden sie von einem erfahrenen
Tierpfleger begleitet, dann bekommen sie auch eigenständige Aufgaben zugeteilt. Der direkte Kontakt mit den Tieren ist eher selten: Die Sicherheitsvorkehrungen werden immer strenger. Nur beim Training, etwa für Besuchershows oder für medizinische Untersuchungen, arbeitet man hautnah mit den Tieren.

Apropos Besucher: Wer
Zoo-Tierpfleger werden will, weil er ein Problem im Umgang mit Menschen hat, ist in dem Beruf falsch. «Zoo ist Begegnung von Mensch und Tier», erklärt Rolfs, der Kontakt mit Besuchern werde immer wichtiger. Das «Kundengespräch» ist sogar ein Prüfungsbaustein, sagt Rolfs, der selbst Ausbilder ist und im Prüfungsausschuss für Nordrhein-Westfalen sitzt.

Generell gibt es drei Fachrichtungen bei der Ausbildung zum
Tierpfleger: Tierheim und Tierpension, Forschung und Klinik sowie Zoo. Wer im letzten Bereich einen Ausbildungsplatz sucht, sollte viel Erfahrung mitbringen – und Durchhaltevermögen. In Nürnberg kommen auf ein bis zwei Plätze etwa 400 Bewerber, bundesweit sind momentan laut Bundesarbeitsagentur 46 Ausbildungsplätze und 176 Arbeitsstellen gemeldet. «So vielfältig wie die Zoolandschaft ist auch die Ausbildung», erklärt Rolfes. In manchen kommen auf mehrere Azubis nur wenige Ausbilder, in anderen dürfen Azubis kaum einen Schritt alleine machen. Es lohnt sich, das beim Vorstellungsgespräch zu klären.

Davor müssen Bewerber einige Hürden nehmen: In Nürnberg folgt ein Test mit Videosequenzen von Tieren auf einen schriftlichen Allgemeinwissenstest. Im Vorstellungsgespräch stehen dann auch praktische Aufgaben an. Der Verdienst in der Ausbildung kann sehr unterschiedlich sein, bei kommunalen Betrieben liegt er monatlich bei um die 1000 Euro brutto. Ausgelernt verdient eine Fachkraft im öffentlichen Dienst laut der Bundesagentur für Arbeit monatlich 2673 Euro bis 2955 Euro. «Das macht man nicht, um das große Geld zu verdienen, sondern als Berufung», kommentiert Rolfs.

Da die Stellen begrenzt sind, ist eine Übernahme nach der Ausbildung nicht sicher. Im Tiergarten Nürnberg ist ein halbjähriger Vertrag nach der Ausbildung garantiert, danach ist ein Wechsel zu einem anderen Zoo nicht unwahrscheinlich. Die Aufstiegsmöglichkeiten sind begrenzt: Wer Zooinspektor, Kurator oder gar Direktor werden will, kommt um ein Studium fast nicht herum. Für die Azubis Streichert und Lang ist das alles kein Hinderungsgrund: Sie würden sich immer wieder für die Ausbildung entscheiden.

Fotocredits: Daniel Karmann,Daniel Karmann,Daniel Karmann,Daniel Karmann,Daniel Karmann,Daniel Karmann,Daniel Karmann,Daniel Karmann,Daniel Karmann,Daniel Karmann
(dpa/tmn)

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