Wie werde ich Klavierbauer/in? 6. November 2017 Berufe Seifhennersdorf – In der Familie Kiechle spielt jeder ein Instrument. Bei der 19-jährigen Paula ist es das Klavier. Musik hatte sie als Abiturfach, inzwischen absolviert sie bei der Firma C. Bechstein eine Ausbildung zur Klavierbauerin. «Hier kann ich die Leidenschaft zur Musik mit dem handwerklichen Geschick verbinden», begründet Paula Kiechle ihre Entscheidung. Das Traditionsunternehmen C. Bechstein Pianofortefabrik, einer der größten europäischen Klavier- und Flügelhersteller, bildet pro Jahr sechs Lehrlinge aus. «Man muss ein Musikinstrument spielen können, um das Gespür zu haben, wie sich für den Pianisten das Instrument anfühlt», sagt Ausbildungsmeister Reinhardt Glaß. «Außerdem testen wir unsere zukünftigen Lehrlinge zwei Tage praktisch, um herauszufinden: Haben sie die motorischen Fähigkeiten, die Geduld, die Fingerfertigkeit und das Geschick?» Paula Kiechle macht das Stimmen am meisten Freude. Dabei kommt es laut Ausbildungsmeister Glaß nicht auf ein absolutes Gehör an. «Es geht darum, aus den vielen Nebengeräuschen das eigentlich Wichtige, die Schwebung herauszuhören.» Am Anfang der insgesamt dreieinhalbjährigen Ausbildung steht eine zehnwöchige Holzgrundausbildung. Da wird gesägt, gehobelt und gebaut. Später liegt der Schwerpunkt laut Ausbildungsmeister Glaß auf dem Spielwerk – also allem, was mit der Klaviatur, der Mechanik und dem Ton zu tun hat. Für alle angehenden Klavierbauer Deutschlands gibt es eine Berufsschule: die Oscar-Walcker-Schule in Ludwigsburg. Jeder Auszubildende zieht zweimal pro Lehrjahr für sechs Wochen Blockunterricht nach Baden-Württemberg. Gunther Schaible ist gelernter Klavierbaumeister und unterrichtet dort seit 1983. Die Hälfte der Azubis, die bei ihm die Schulbank drücken, sind Abiturienten. Die Ausbildungsvergütung für Lehrlinge des Klavierbaus liegt laut Schaible, der auch Vorstandsmitglied im Bund deutscher Klavierbauer ist, zwischen 400 und 800 Euro pro Monat. Bei C. Bechstein geht es mit 630 Euro im ersten Lehrjahr los. Der Bedarf an Auszubildenden ist zwar da. Dennoch kommen meistens etliche Bewerber auf eine Stelle, so dass man sich rechtzeitig kümmern sollte – etwa ein Jahr vorher, empfiehlt Schaible. Auch an fertigen Klavierbauern gibt es großen Bedarf, weiß der Berufsschullehrer. C. Bechstein-Ausbildungsmeister Glaß spricht von hundertprozentigen Anstellungschancen: «Wenn Sie nicht das Tafelsilber klauen oder sich sonst wie anstellen – wir bilden ganz gezielt aus für den eigenen Bedarf und die Kundenbetreuung.» Seiner Erfahrung nach bleibt ein Drittel der fertigen Gesellen im Betrieb, ein weiteres Drittel «schwärmt aus», das letzte Drittel qualifiziert sich weiter. Weiterbilden können sich Klavierbauer, indem sie die Meisterprüfung ablegen oder ein weiterführendes Studium absolvieren. Und einen Job finden Klavierbauer laut Schaible vor allem in Handwerksbetrieben – und weniger in der Industrie. «In der Industrie sitzt ein Klavierbauer eher in der höheren Etage, in der Planung oder der Konstruktion», erzählt Schaible. «Im Handwerk, in der Reparatur, ist es sehr vielschichtig, da macht der Klavierbauer alles selbst.» Das bringt laut Schaible eine große Vielseitigkeit: Man arbeite sowohl in der Werkstatt wie im Verkauf und auch bei der Kundschaft. Dazu gehört das Stimmen im Wohnzimmer ebenso wie die Konzertbetreuung in großen Sälen. Das reizt auch Paula Kiechle nach der Ausbildung. «Ich möchte gerne zu Kundenstimmungen gehen. Den Bereich „Stimmen“, der mir jetzt so viel Spaß macht, möchte ich ausbauen. Mit den Menschen in Kontakt zu sein, das ist das Ziel.» Fotocredits: Pawel Sosnowski,Pawel Sosnowski,Pawel Sosnowski,Pawel Sosnowski,Pawel Sosnowski,Pawel Sosnowski,Pawel Sosnowski,Pawel Sosnowski,Pawel Sosnowski,Pawel Sosnowski (dpa/tmn) (dpa)