Dobel/Weinstadt – Eigentlich wollte Ruth Heizmann Raumausstatterin oder Gärtnerin werden. Doch dann machte sie gleich drei Praktika in der
Hauswirtschaft – und fand so Gefallen an dem Beruf.

Heizmann entschied sich für eine Ausbildung im EC Freizeit- und Schulungszentrum Dobel bei Pforzheim. «Weil man da so viel mit jungen Menschen zu tun hat.»

Hauswirtschafter gibt es in Krankenhäusern, Kindertagesstätten, Pflegeeinrichtungen, in der Gastronomie, in Hotels oder auch in Privathaushalten – überall, wo Menschen wohnen oder zu Gast sind. Die
Fachkräfte kümmern sich um die Dekoration, planen und kochen Mahlzeiten, kaufen ein, machen die Wäsche und den Hausputz. Das ist jedoch nicht alles. «Der Beruf ist mehr als kochen und putzen – auch wenn das dazugehört», sagt Heizmann.

So sieht das auch Claudia Forster-Bard, Vorsitzende des Bundesverbands hauswirtschaftlicher Berufe: «Die Hauswirtschaft wird als Dienstleistungsberuf gesehen, ist aber eigentlich ein sozialer Beruf.» Denn ob im Kindergarten oder in der Seniorengruppe: Hauswirtschafter sind oft die ersten Ansprechpartner bei Problemen. «Soziale Kompetenz und Empathie sind ganz wichtig», sagt Frank Wickert-Meuser, Präsident des Berufsverbands Hauswirtschaft.

Obwohl Hauswirtschafter vielfältige Aufgaben haben und große Verantwortung übernehmen, halten sich Vorurteile hartnäckig. Hausarbeit werde von manchen Menschen als lästige Pflicht angesehen, sagt Claudia Forster-Bard. Gleichzeitig gibt es aber Gegenbewegungen: «Das saubere und gemütliche Zuhause und das selbst gemachte Essen erleben jetzt eine Renaissance.»

An solche positiven Assoziationen knüpft auch Daniela Katz-Raible an, wenn sie jungen Menschen den Beruf erklärt. «Dieses Gefühl, wenn man sich in ein frisch bezogenes Bett hineinlegt, kennt jeder», sagt die Referentin von oikos, der Ausbildungsoffensive Hauswirtschaft des Diakonischen Werks Württemberg. Als Hauswirtschafter schenke man Geborgenheit.

Katz-Raible wollte schon als junges Mädchen unbedingt Hauswirtschafterin werden. «Vor ein paar Jahren war es schon so, dass es ein bisschen belächelt wurde», erzählt sie. Heute mache sie die Erfahrung, dass viele junge Leute den Beruf gar nicht kennen. Entsprechend schwierig ist es, Nachwuchs zu finden. Während 2006 fast 2500 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen wurden, waren es 2016 nur knapp über 1000 – und das, obwohl Hauswirtschafter begehrt sind. «Der Beruf ist gefragter denn je», sagt Frank Wickert-Meuser.

Die Berufsverbände werben deshalb um junge Menschen – aber auch um Ältere, die schon in diesem Bereich arbeiten. «Wir müssen dahin kommen, unsere angelernten Kräfte zu qualifizieren», sagt Wickert-Meuser. Wer schon viereinhalb Jahre ohne formale Ausbildung in dem Beruf gearbeitet hat, könne deshalb eine externe Prüfung ablegen und so einen Abschluss erwerben.

Laut Bundesagentur für Arbeit liegt die Ausbildungsvergütung je nach Betrieb und Lehrjahr in etwa zwischen 500 und 800 Euro, im öffentlichen Dienst sind es 900 bis 1000 Euro. Das Einstiegsgehalt nach der Ausbildung sei mit um die 2000 Euro gar nicht so schlecht, sagt Forster-Bard. Insgesamt aber sei die Entgeltsituation nicht zufriedenstellend – unter anderem, weil es viele Teilzeit- oder nicht sozialversicherungspflichtige Stellen gebe.

Gut möglich, dass die Hauswirtschafterin künftig gar nicht mehr so heißt: Im Rahmen einer Überarbeitung der Ausbildungsordnung werde auch über die Berufsbezeichnung nachgedacht. Das sei einerseits schade, sagt Claudia Forster-Bard. Andererseits könne das aber eine Chance sein für ein neues Selbstbewusstsein und mehr Sichtbarkeit. Die Hauswirtschaft arbeite schließlich oft im Verborgenen. «Wenn alles gut läuft, dann merkt es wahrscheinlich keiner.»

Fotocredits: Uwe Anspach,Uwe Anspach,Uwe Anspach,Uwe Anspach,Uwe Anspach,Uwe Anspach,Uwe Anspach,Uwe Anspach
(dpa/tmn)

(dpa)