Dortmund (dpa/tmn) – Menschen leiden unter Lärm – viele von ihnen am Arbeitsplatz. Lärmschwerhörigkeit war nach der Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung mit 6649 Fällen im Jahr 2014 noch immer die am häufigsten anerkannte Berufskrankheit.

Die Ursache können laute Maschinen sein. Doch nicht nur Arbeitnehmer im Holz-, Metall- und Straßenbau, Spreng- oder Waffenmeister sowie Menschen, die in Gießereien oder in der Stahlindustrie arbeiten, sind betroffen. «Auch Berufsmusiker haben ein großes Risiko, Probleme mit dem Gehör zu bekommen», sagt Jörg Feldmann. Er ist Sprecher der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua) in Dortmund.

Es komme nicht nur auf die Lärmdosis, also die Lautstärke und die Dauer der Exposition an, erklärt Michael Deeg, Sprecher des Deutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte. «Es kommt auch darauf an, wie oft man großer Lautstärke ausgesetzt ist und wie gut sich das Gehör erholen kann.» Wenn man den Ohren ausreichend Möglichkeit gibt, sich zu entspannen, können sie auch hohe Geräuschpegel recht gut verkraften. «Man kann sich das vorstellen wie ein Kornfeld, über das immer wieder der Wind fegt: Zunächst richten sich die Halme immer wieder auf, doch irgendwann bleiben sie am Boden.»

Das bedeutet, dass nicht nur der Krach während der Arbeitszeit das Gehör belastet. «Auch in der Freizeit setzen sich viele Leute großem Lärm aus», sagt Deeg. Disco oder Konzerte, wummernde Bass-Boxen im Auto und der Krach des Alltags verschaffen den Ohren keine Ruhe. «Auf die Dauer machen die Zellen dann schlapp», erklärt Feldmann. Daher gelte es, dem Gehör immer wieder Pausen zu gönnen, in denen es einfach still ist, rät Ohrenarzt Deeg.

Das Problem an der Lärmbelastung: «Die Hörminderung erfolgt schleichend über längere Zeit und wird vom Betroffenen zunächst nicht wahrgenommen», erklärt Christoph Hecker. Er ist Leiter der Hauptabteilung Sicherheit und Gesundheit der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM). Einmal eingetretene Gehörschäden sind irreversibel und durch keine Therapie wieder rückgängig zu machen.

In Jobs, die in einer lauten Umgebung oder mit lärmenden Maschinen ausgeführt werden, müssen die Mitarbeiter einen Gehörschutz tragen. «Der bringt sie jedoch oft in ein Dilemma, denn sie sollen gleichzeitig kommunizieren können», sagt Deeg. Zwar müssen die Arbeitgeber kostenlos einen zweckmäßigen Gehörschutz zur Verfügung stellen. Ob dies jedoch ein riesiger Kopfhörer ist oder eine deutlich angenehmere Otoplastik, die an den Gehörgang angepasst wird, liegt in der Regel im Ermessen des Chefs. Anlegen sollte man den Schutz allerdings in jedem Fall.

Am Arbeitgeber ist es auch, den Krach am Arbeitsplatz so gut wie möglich zu dämpfen. Dazu gehören nach Angaben der BGHM technische Maßnahmen wie die Herstellung einer guten Raumakustik, etwa durch das Dämmen der Wände. Auch organisatorisch können Arbeitgeber für weniger Belastung sorgen, indem sie Mitarbeiter abwechselnd an Maschinen arbeiten lassen. «Im Mittel sollte der Lärm während einer Schicht nicht mehr als 80 Dezibel betragen», sagt Feldmann.

Wer den Eindruck hat, dass das Gehör nachlässt und in einem Beruf arbeitet, der Schwerhörigkeit begünstigt, sollte sich schnellstens von einem Ohrenarzt untersuchen lassen. «Zwar kann man die Schwerhörigkeit nicht rückgängig machen, aber man kann das weitere Fortschreiten aufhalten», sagt Deeg. Das Problem führt auch nicht zwangsläufig zur Berufsunfähigkeit. Aber zunehmende Schwerhörigkeit bringt für die Betroffenen oft noch weitere Schwierigkeiten mit sich. «Menschen, die schlecht hören können, leiden häufig an Depressionen und sozialer Isolation», sagt Feldmann.

Doch nicht nur extremer Lärm macht Arbeitnehmern zu schaffen, wie BGHM-Experte Hecker sagt. «Auch unterhalb der gehörschädigenden Grenze von 85 Dezibel ist Lärm ein Faktor, der zu Beeinträchtigungen der Gesundheit führen kann.» Beschäftigte, die etwa in einem schlecht gedämpften Callcenter, einem Großraumbüro oder in einer Produktionsumgebung arbeiten, könnten davon betroffen sein. «Auch hier sind Schutzmaßnahmen erforderlich», sagt er. Noch gibt es dazu aber keine klaren Vorschriften.

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(dpa)