Hannover – Wer eine Ausbildung beginnt, bekommt nicht nur neue Kollegen. In der Berufsschule warten neue Mitschüler. Und das ist nicht die einzige Neuheit, auf die sich die Auszubildenden einstellen müssen.

Eugen Straubinger, Vorsitzender im Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung erzählt, was auf die Auszubildenden während ihrer Schullaufbahn zukommt.

Was erwartet Azubis an der Berufsschule? Was ist neu, was ist anders?

Neu ist zum einen die Zusammensetzung. In Berufsschulklassen lernen Schüler mit ganz unterschiedlichen Abschlüssen zusammen. Das können Hauptschüler, Realschüler und Abiturienten oder Studienabbrecher sein. Das Gute ist, jüngere Schüler sitzen oft zusammen mit älteren in einer Klasse. Da bekommen die jüngeren oft Hilfe.

Zum anderen – und das ist für viele erstmal abschreckend – sind viele Berufsschulen große Ausbildungszentren. Das heißt, dort gehen 1000 bis 4000 Schüler zum Unterricht. Alles findet auf einem Campus statt. Ähnlich wie an der Hochschule ist die Orientierung am Anfang manchmal eine Herausforderung. Da bekommen die Schüler aber Unterstützung und finden sich meist schnell zurecht.

Die Schüler werden nicht mehr wie Kinder oder Jugendliche behandelt, sondern auch wie Erwachsene. Zum Beispiel werden sie jetzt mit «Sie» angesprochen.

Und wie sieht es mit den Schulfächern aus?

An der
Berufsschule gibt es – je nach Berufsausbildung – zum einen die allgemeinbildenden Fächern, wie Deutsch, Gemeinschafts- oder Sozialkunde und Wirtschaftskunde. Und daneben einen Fächerverbund, der auf die jeweilige Ausbildung abgestimmt ist. Die Auszubildenden bekommen das Fachwissen in einer Lernsituation nahe gebracht, wie sie auch im Betrieb stattfindet.

Kann Deutsch-Unterricht in der Berufsschule für Abiturienten nicht total langweilig sein – und für andere eine große Herausforderung?

Ja, das ist in der Tat ein häufiges Problem. An den Berufsschulen versuchen wir, dass Abiturienten oder Realschüler dann die anderen unterstützen können. Große Probleme macht zum Teil auch die Rechtschreibung. Da kann es helfen, wenn die schwächeren Schüler einen älteren Paten zur Seite gestellt bekommen. Starke Schüler dagegen versorgen die Lehrer auch mal mit Zusatzaufgaben, die ein bisschen mehr in die Tiefe gehen.

Wie bekommt man Berufsschule und die Ausbildung im Betrieb gut unter einen Hut?

Das ist am Anfang natürlich eine Umstellung, denn die Organisation ist für die Auszubildenden neu. Sie lernen jetzt an zwei Orten, an der Berufsschule und im Betrieb. Das kann entweder so aussehen, dass sie 3,5 Tage im Betrieb und den Rest der Woche in der Schule verbringen. Oder – und das gilt besonders für Berufe, in denen es deutschlandweit eher weniger Azubis gibt – die Schule findet wochenweise im Blockunterricht statt.

Wichtig ist vor allem, dass die Schulen und Betriebe sich gut abstimmen – gegebenenfalls auch die Ausbildungszentren, wie es sie im Handwerk gibt. Im Idealfall lernt man die theoretischen Grundlagen in der Berufsschule – passend zur Praxis. Sind zum Beispiel Getriebe im
Unterricht ein Thema, wird im Betrieb zu der Zeit auch ein Getriebe hergestellt. Es kann aber auch immer Verschiebungen geben, das hängt oft von der Größe des Betriebs ab. Wer eine Ausbildung zum Friseur in einem kleinen Betrieb macht, muss vielleicht auf die erste Dauerwelle ein wenig warten.

Fotocredits: Sebastian Gollnow
(dpa/tmn)

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