Arbeiten in Familienunternehmen hat Vor- und Nachteile 9. April 2019 Ratgeber München/Königstein – Vom kleinen Bäckereibetrieb bis zum international tätigen Küchenhersteller mit tausend Mitarbeitern: Familienunternehmen haben viele Gesichter. Entscheidend ist, dass die Familie die Kontrolle über das Unternehmen ausübt und eigenes Kapital investiert, erklärt Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen in München. In einem Familienbetrieb birgt vor allem die emotionale Komponente großes Konfliktpotenzial. Gleichzeitig kann er ein attraktiver Arbeitgeber mit besonderer Unternehmenskultur sein. Bei Arbeitnehmern und Bewerbern haben Familienunternehmen grundsätzlich einen guten Ruf. Eine Langzeituntersuchung im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen habe gezeigt, dass sie für eine gute Arbeitsatmosphäre, die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen Arbeiten, flache Hierarchien und einen kooperativen Führungsstil stehen, so Heidbreder. Hohes Maß an Verantwortung Für Julia David, Beraterin und Coach von Familienunternehmen, liegt ein besonderes Merkmal in der Kultur der Betriebe: «Sie ist in der Regel stark durch die Unternehmerfamilie selbst geprägt.» Traditionsbewusstsein, Werteorientierung, ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und Leidenschaft spielen oftmals eine Rolle. Diese Leidenschaft kann aber dazu führen, dass bei der Gestaltung des Unternehmens mehr Gefühle im Spiel sind als in anderen Betrieben: «Es kommt häufig vor, dass die Führung stärker von emotionalen Entscheidungen geprägt ist als in Konzernen. Denn die Sicherung des Familienunternehmens hat für die Führungsspitze oft Priorität», sagt Julia David. Diese starke Emotionalität kann ein Risiko sein: «Oft besteht ein sehr komplexes Geflecht, das viel Konfliktpotenzial mit sich bringt.» Vor allem Übergangsphasen, in denen eine neue Generation an die Spitze kommt, seien eine besondere Herausforderung. Entscheidend ist es dann, ob die neue Führungskraft tatsächlich bereit für den nächsten Schritt ist. Nicht nur die Familie im Blick Unerlässlich sei die Motivation, selbst Unternehmer sein zu wollen, erklärt Angelica Egerth. Die Beraterin aus Berlin begleitet Generationswechsel in Familienunternehmen. Außerdem hilfreich: Wenn der Unternehmensnachfolger zwischendurch einen anderen Arbeitgeber kennengelernt hat. Das gebe Selbstsicherheit und mache Mut, neue Wege zu gehen, so Egerth. Bei der Übergabe darf man aber nicht nur die Familie im Blick haben: «Sobald eine Nachfolgeentscheidung getroffen wurde, sollte man das möglichst schnell an Schlüsselpersonen wie Kunden, Lieferanten oder Kapitalgeber kommunizieren», rät Julia David. Auch die Mitarbeiter sollten bald erfahren, was sich an der Spitze des Unternehmens tut: «Eine Veränderung bringt per se schon Verunsicherung bei der Belegschaft mit sich», sagt Julia David. «Hier ist Transparenz von der Führungsebene aus immer sinnvoll.» Andernfalls kippt womöglich die Stimmung in der gesamten Firma. Obwohl die Führung des Unternehmens normalerweise in der Hand der Familie liegt: Andere Mitarbeiter müssen meist nicht befürchten, keine Aufstiegschancen zu haben. «Größere Familienunternehmen haben naturgemäß einen hohen Bedarf an externen Führungskräften», sagt Stefan Heidbreder. Oft sei es eine strategische Entscheidung, relevante Positionen mit Nicht-Familienmitgliedern zu besetzen. «Der fremde und frische Blick bringt zusätzliche Expertise ein – und womöglich auch neue Impulse für die positive Fortentwicklung des Unternehmens.» Fotocredits: Daniel Ingold,Stiftung Familienunternehmen,Randy Tarango & Merle Nicksch,Markus Püttmann (dpa/tmn) (dpa)