Was sich für angehende Hebammen ändert 18. Mai 2020 Ratgeber Bochum – Jede Geburt ist anders, das lernen Hebammen in ihrer praxisnahen Ausbildung schnell. Hebammenstudentin Johanna Dieckmann hat schon 40 Geburten betreut. Damit darf sie sich im kommenden Semester für das Staatsexamen zur Berufszulassung anmelden. Hinter ihr liegen sechs Semester Hebammenkunde an der Hochschule für Gesundheit (HSG) in Bochum. Der Studiengang in Bochum ist Vorreiter: Die Reform des Bundesgesundheitsministeriums zur Hebammenausbildung schreibt seit Januar 2020 grundsätzlich das duale Hochschulstudium mit dem Abschluss «Bachelor of Science» für die Hebammenausbildung vor. Die bisherige schulische Ausbildung endet mit der Übergangsfrist 2022. Für Bewerber bedeutet das: Der Realschulabschluss reicht nicht mehr. Sie müssen künftig eine abgeschlossene, zwölfjährige Schulausbildung oder eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem Pflegeberuf vorweisen, um Hebamme werden zu können. Je nach Hochschule soll das Studium zwischen sechs und acht Semestern dauern. Weniger Praxis, mehr Uni Auch der Studiengang in Bochum wird angepasst: weniger Praxis, aber mehr Uni für ein breites und solides Fachwissen. «Das soll Hebammen helfen, die Leitlinien zu reflektieren und zu hinterfragen», sagt Yvonne Bovermann vom Deutschen Hebammenverband. Das sei wichtig, weil sich Kenntnisse und Standards in der Geburtshilfe durch neue, wissenschaftliche Erkenntnisse verändern und Hebammen sich dann anpassen müssen. Außerdem sollen die Praxiseinsätze bei den Kooperationspartnern in Krankenhäusern, ambulanten Einrichtungen und bei freiberuflichen Hebammen künftig besser auf die Lernbedürfnisse zugeschnitten sein. «Mindestens ein Viertel der Zeit werden die Studierenden von qualifizierten Praxisanleiterinnen gezielt betreut», sagt Annette Bernloehr, Professorin für Hebammenwissenschaft an der HSG in Bochum. Dort wechseln sich Theorie- und Praxisphasen bislang ab. «Die Theorie gibt den ersten Überblick und bereitet auf den nächsten Praxiseinsatz vor», sagt Dieckmann. Neben medizinischen Lehren über den menschlichen Körper und Hygiene, stehen auch berufspolitische und rechtliche Grundlagen auf dem Studienverlaufsplan. Außerdem gibt es Module aus dem Bereich Betriebswirtschaftslehre wie zum Beispiel Qualitätsmanagement. Damit sollen die Studierenden auch auf eine spätere Freiberuflichkeit vorbereitet werden. Staatsexamen nur noch mit Simulationsgeburt Änderungen gibt es außerdem bei der staatlichen Abschlussprüfung: Examensgeburten finden nur noch in Form von Simulationen, zum Beispiel mit Schauspielerinnen, und nicht mehr im Kreißsaal im Rahmen von echten Geburten statt. «Dadurch haben alle die gleichen Bedingungen und es ist vor allem ethisch vertretbar», sagt Bernloehr. Abgeschlossen wird das duale Studium schließlich mit der Bachelorarbeit. Was das Hebammenstudium durch die gesetzliche Neuerung noch attraktiv macht: Man erhält über die gesamte Dauer des Studiums eine Vergütung. Das Geld erhalten die Kooperationspartner von den Krankenkassen. Wie hoch die Vergütung sein wird, sei aber noch unklar, sagt Bovermann vom Hebammenverband. «Die angemessene Vergütung liegt bei 1100 Euro im ersten Ausbildungsjahr», so ihre Einschätzung. Mehr Möglichkeiten nach dem Studium Wer Hebamme werden will, sollte flexibel sein. Denn Umzüge für die Praxiseinsätze im Studium, die Doppelbelastung durch Uni und Arbeit und die späteren Einsätze im Schichtdienst verlangen einiges ab. «Medizinisches Verständnis und Interesse sind generell wichtig», sagt Dieckmann. Außerdem gehört Einfühlungsvermögen zum Berufsalltag: Denn neben der Rolle als Ratgeber bei Fragen, sind Hebammen auch bei Konflikten und Ängsten als emotionale Stütze gefragt. Mit den beruflichen Erfahrungen und dem Wissen aus dem Studium, können die Absolventen später im Kreißsaal in einem Krankenhaus, in einer Hebammenpraxis oder als selbstständige Hebammen arbeiten. «Es gibt auch Masterstudiengänge für Leitungstätigkeiten und wer will, kann in die Forschung gehen», sagt Bovermann. Hebammenstudentin Johanna Dieckmann möchte zunächst im Kreissaal bleiben. Später will sie in einem freiberuflichen Team arbeiten, um dann nicht nur den kurzen Ausschnitt der Geburt, sondern den ganzen Familienprozess zu begleiten. Fotocredits: Volker Wiciok,hsg Bochum,—,Arno Burgi (dpa/tmn) (dpa)