Garmisch-Partenkirchen/Nürnberg – Auch wenn man sich noch so sehr gewünscht hat, der neue Chef des eigenen Teams zu werden: Wer innerhalb des Unternehmens zur Führungskraft befördert wird, sollte genau darauf achten, wie dieser Schritt vollzogen und verkündet wird.

Schlimmstenfalls können sonst selbst enge Beziehungen zerbrechen. «Es ist zunächst extrem wichtig, wie der Übergang kommuniziert wird», sagt Sabine Strobel, Coach für Führungskräfte und Teamentwicklung aus Garmisch-Partenkirchen.

«Optimalerweise sollten es alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam von der neuen Führungskraft erfahren, der übergeordnete Chef sollte dabei Rückhalt von oben demonstrieren.» Als zweiter Schritt folgen idealerweise Einzelgespräche, um Erwartungen von beiden Seiten abzustimmen.

Der erste Auftritt kann entscheiden

Die Beförderung in persönlichen Gesprächen mitzuteilen, ist nicht zu empfehlen. Selbst dann nicht, wenn es sich um enge Freunde handelt, die bislang Kollegen waren. Denn dann besteht immer die Gefahr, dass sich die Neuigkeit herumspricht. «Das Schlimmste ist es, wenn es Mitarbeiter durch jemand Anderen erfahren. Das ist wie bei einer Jacke, bei der man den ersten Knopf falsch zuknöpft – das zieht sich immer weiter durch. Der erste Auftritt muss sitzen», sagt Strobel.

Was nach dieser ersten Ankündigung besonders wichtig ist: Gespräche mit Personen führen, die sich ebenfalls auf die Führungsposition beworben, diese aber nicht bekommen haben. «Dieses Thema sollte man so schnell wie möglich unter vier Augen ansprechen», rät Strobel. «Das ist eine unangenehme Situation für beide Seiten, aber man sollte sie thematisieren und gemeinsam daran arbeiten. Die Hauptsache ist, dass es hier keine unausgesprochenen Tabus gibt.»

Kann man als neue Führungskraft weiterhin mit den Mitarbeitern die Mittagspause verbringen oder in eine Kaffee-Runde platzen? Das muss jeder für sich beantworten und vom Einzelfall abhängig machen: «Es hängt davon ab, wie das Verhältnis vorher war», sagt Business Coach Renate Freisler aus Nürnberg. «Wenn es sehr eng und freundschaftlich war und die Führungskraft auf einmal total distanziert ist, kann das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter irritieren.»

Der gleiche Mensch, nur neue Aufgaben

Grundsätzlich gilt der Expertin zufolge: «Weil Sie Führungskraft sind, sind Sie ja kein anderer Mensch, sondern Sie haben eine neue Rolle und andere Aufgaben.» Wichtig ist es, die neue Position und das veränderte Aufgabengebiet klar zu kommunizieren und sich Zeit dafür zu nehmen: «Strategische Arbeit und Führungsaufgaben haben Priorität vor operativer Hektik im Tagesgeschäft.» Wer das nicht ernst nimmt, kann die Folgen in der neuen Rolle noch lange spüren.

Auch Strobel empfiehlt, viel Wert auf die richtige Kommunikation zu legen. Vor allem im Umgang mit Mitarbeitern, die gleichzeitig Freunde sind: «Ich sollte immer artikulieren, aus welcher Rolle ich gerade spreche.» Am besten ist es, das tatsächlich ganz klar zu machen: «Als dein ehemalige Kollegin würde ich dir diesen Rat geben» oder «Als deine Führungskraft sage ich…»

Manche Freundschaften halten, andere nicht

Ob eine Freundschaft unter Kollegen trotz Beförderung zur Führungskraft anhält, hängt der Expertin zufolge davon ab, worauf diese Beziehung fußt: «Wenn ein zentraler Aspekt der Freundschaft war, dass man gemeinsam über den Chef oder die Arbeit lästert, dann können Beziehungen zerbrechen», sagt sie. Das könne genauso passieren, wenn jemand in den Betriebsrat oder Personalrat wechselt und dadurch plötzlich in einer anderen Rolle handelt.»

Unabhängig von engen Freundschaften ist es möglich, nach dem Wechsel in den Chefsessel die Mittagspause mit den Mitarbeitern zu verbringen: «Wenn Sie vorher mit Ihren Kolleginnen und Kollegen zum Essen gegangen sind, dann sollten Sie das auch weiterhin tun», rät Freisler. «Es wäre kontraproduktiv, sich in den Elfenbeinturm zurückzuziehen, nur weil Sie Führungskraft sind.» Es könne allerdings passieren, dass sich die Anwesenden anders verhalten als früher – wer befördert wird, muss das aushalten können.

Fotocredits: Klaus-Dietmar Gabbert,Jurga Graf
(dpa/tmn)

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