Köln – Ein großer schwarzer Sessel ist der Arbeitsplatz von Ulli Schwalbe. Vor sich hat er zwei Bildschirme mit Karten, daneben befinden sich etliche Knöpfe und ein kleiner Joystick. Mit diesem steuert Schwalbe «ein großes Stück Stahl», wie er sagt: das Flusskreuzfahrtschiff «A-Rosa Brava».

Im Schichtbetrieb mit zwei Offizieren hält Schwalbe die Stellung im Steuerhaus, sorgt dafür, dass die knapp 200 Passagiere auf ihrer neuntägigen Fahrt auf dem Rhein einen schönen Urlaub haben. «Das ist einfach ein Stück Freiheit hier oben», antwortet er auf die Frage, was ihm am meisten an seinem Beruf gefällt.

Wechsel von Fracht- auf Flusskreuzfahrten

Seit knapp fünf Jahren ist Schwalbe Kapitän bei A-Rosa. Vorher hat er auf Frachtschiffen gearbeitet. «Kohle, Kies, Benzin – fast alle Flusskreuzfahrtkapitäne haben mal Güter transportiert.» Irgendwann kam der Wunsch auf, auch mal Passagiere zu transportieren – obgleich Schwalbe mit einem Lächeln sagt: «Kohle meckert nicht, Passagiere manchmal schon.»

Unorthodoxe Arbeitszeiten

Jeweils drei bis vier Wochen ist der Kapitän an Bord, dann drei bis vier Wochen zu Hause. Wenn das Schiff in den Städten anlegt, geht Schwalbe nicht mehr allzu häufig von Bord: «Ich hab ja schon alles gesehen.»

«Ist das Ihr Traumjob?» – «Was ist ein Traumjob?», fragt Schwalbe zurück. «Ich würde den Beruf auf jeden Fall immer wieder wählen.»

Viele Berufsfelder gesucht

Nach Angaben des Branchenverbandes IG River Cruise waren 2017 knapp 15.000 Menschen auf Flussschiffen in Europa beschäftigt – pro Schiff meist zwischen 35 und 40 Crewmitglieder. Laut Ben Wirz, Vizepräsident der IG River Cruise, arbeitet der größte Teil davon im Hotelbereich – sprich Küche, Service, Housekeeping. Der kleinere Teil ist im nautischen Bereich tätig. Dazu gehören neben dem Kapitän meist ein Ingenieur und Matrosen.

Hotel auf dem Fluss

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um auf einem Flussschiff zu arbeiten? «Das sind im Grunde dieselben wie im Hotel», sagt Wirz: «Mitdenken können, lernen wollen.» Formal haben die Mitarbeiter im Hotelbereich meist eine Ausbildung in einer Hotelfachschule absolviert. Daneben seien Englischkenntnisse wichtig. In der Nautik gibt es dagegen vorgegebene Karriereschritte vom Matrosen bis zum Kapitän.

Hohe Nachfrage, knappes Arbeitsangebot

Ähnlich wie in der gesamten Hotelbranche sei es nicht leicht, gutes Personal für Flusskreuzfahrtschiffe zu finden, so Wirz. «Das ist in den Augen vieler einfach kein sexy Job. Die Bezahlung spielt sicher eine Rolle, man hat wenig Privatsphäre, ist 24 Stunden am Arbeitsplatz.»

Der Bedarf steigt jedoch stetig an. Immer mehr Neubauten werden in Dienst gestellt. Wirz sieht auch die positiven Seiten der Arbeit auf dem Schiff: «Man reist viel, sieht viel, hat mit den unterschiedlichsten Gästen zu tun – das ist einfach eine gute Schule.»

Hotelmanager der «A-Rosa Brava»

Drei Decks unterhalb von Kapitän Ulli Schwalbe hat Michael Frahm, Hotelmanager auf der «A-Rosa Brava» sein Büro. In der 17. Saison ist der gelernte Restaurantfachmann schon auf Flusskreuzfahrtschiffen unterwegs – zunächst im Restaurant, später als sogenannter Night-Auditor, der während der Nachtschicht den Empfang leitet. Nebenbei war er dann als Zahlmeister tätig, seit 2013 ist er Hotelmanager. «Das war eigentlich schon während meiner Ausbildung das große Ziel», erzählt Frahm. Vielleicht habe er mal im Fernsehen etwas über den Job gesehen, so richtig kann er sich aber gar nicht mehr erinnern, wie er auf die Idee kam.

Familiärer Zusammenhalt

«Ich mag es auf jeden Fall nicht, nur im Büro zu sitzen. Ich muss unterwegs sein», so Frahm. Im Gegensatz zu Schwalbe geht Frahm immer wieder in den Städten von Bord. Auf einem Hochseekreuzfahrtschiff zu arbeiten, kann er sich deshalb nicht vorstellen. «Die Welt will jeder sehen, aber oft kommen die Kollegen einfach nicht von Bord.» Zudem sei die Arbeit auf einem Flusskreuzfahrtschiff durch die kleinere Mannschaft deutlich familiärer. «Der Zusammenhalt der Crew ist schon etwas ganz Besonderes», so Frahm.

Wie findet man einen Job auf einem Flusskreuzfahrtschiff?

Erste Anlaufstelle sind laut Ben Wirz von der IG River Cruise die Internetseiten der Reedereien. «Man muss einfach schauen: Welches Schiff, welche Reederei passt zu mir?» Teilweise suchen die Reedereien selbst ihr Personal, teilweise haben sie das an Agenturen ausgelagert. «Da gibt es seriöse und unseriöse Agenturen», so Wirz. Interessenten sollten deshalb im Idealfall einfach mal Kollegen fragen oder über Portale wie Linkedin oder Xing Kontakt aufnehmen. Bei Bezahlung und Arbeitszeiten gibt es keine einheitlichen Regeln. Die Arbeitszeiten richten sich laut Wirz meist nach den Regelungen des jeweiligen Landes, in dem das Schiff unterwegs ist. Der Arbeitsvertrag wird meist in dem Land abgeschlossen, in dem die Reederei ihren Sitz hat. Sowohl die Arbeitszeiten pro Tag als auch die Länge eines Einsatzes an Bord sind meist kürzer als auf Hochseeschiffen.

Fotocredits: Andrea Warnecke,Andrea Warnecke,Andrea Warnecke,Andrea Warnecke,Andrea Warnecke
(dpa/tmn)

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