Überlingen/Gütersloh – Migräne, Bluthochdruck oder Diabetes heißen nicht umsonst Volkskrankheiten: Die Zahl der Betroffenen ist groß. Und damit auch die Zahl der Arbeitnehmer, bei denen diese oder ähnliche Erkrankungen einen Teil des Alltags bestimmen.

Dennoch scheuen sich viele Berufstätige trotzdem, darüber mit dem Chef zu sprechen. Zu groß ist die Befürchtung, sich dadurch auf dem Karriereweg selbst Steine in den Weg zu legen.

Doch ist es wirklich so gefährlich, dem Chef von einer Krankheit zu erzählen? «Mit solchen Offenbarungen sollten Beschäftigte sehr vorsichtig sein», rät Jutta Boenig, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung (DGfK). «Betroffene laufen in der Tat Gefahr, quasi ausgemustert zu werden.»

Eine grundsätzlichen Zwang zur Offenheit gibt es nicht, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht. «Vom Grundsatz her sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet, über Krankheiten wie etwa Bluthochdruck den Arbeitgeber zu informieren», sagt er. Das ist Privatsache – solange der Beschäftigte die im Arbeitsvertrag vereinbarten Leistungen erbringt. Anders ist der Fall nur, wenn die Erkrankung sich konkret auf den Beruf auswirkt.

Vor dem Gespräch mit dem Chef sollten Betroffene aber immer erst mit einem Arzt reden, sagt Anette Wahl-Wachendorf vom Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW). Denn jeder Fall ist anders – je nach Job und je nach Krankheit. Ein kleiner Überblick:

– Diabetes Mellitus: Ist der Blutzucker gut eingestellt, ist diese Diagnose in der Regel kein Problem für Arbeitnehmer. Voraussetzung ist aber, dass sie regelmäßig Pausen einlegen können. Sind diese Auszeiten zu festen Uhrzeiten am Tag nicht möglich, wird es riskant. Eine ärztliche Beratung und Bewertung ist daher bei bestimmten Tätigkeiten unverzichtbar. In solchen Jobs sollte meistens auch der Arbeitgeber über die Diagnose Bescheid wissen: Häufig gibt es dann die Möglichkeit, dass Beschäftigte unter etwas anderen Bedingungen oder an einem anderen Platz arbeiten.

– Migräne: Die heftigen Kopfschmerzattacken, oft verbunden mit Übelkeit und Lichtempfindlichkeit, können für manche Berufstätige sehr gefährlich werden. In solchen Fällen sollte der Arbeitgeber vermutlich Bescheid wissen. Wer im Büro arbeitet und Alltagsbeschwerden in der Regel mit Medikamenten in den Griff bekommt, muss den Arbeitgeber aber nicht informieren. «Das Problem ist, dass Frauen und Männer, die angeben, unter Migräne zu leiden, häufig nicht ernstgenommen werden», sagt Boenig. Sind die Anfälle im Büro aber derart heftig, dass der Arbeitnehmer kurzzeitig nicht arbeitsfähig ist, dann führt an einem Gespräch mit dem Chef kein Weg vorbei.

– Bluthochdruck: In manchen Jobs sind Konflikte, Zeitdruck oder extremer Stress vorprogrammiert. Für Arbeitnehmer mit Bluthochdruck ist das eine ungünstige Situation – und eine Frage gut eingestellter Medikamente. Den Chef müssen Betroffene deswegen aber nicht gleich informieren. Es kann aber sinnvoll sein, je nach Betriebsklima: So kann man im Team vielleicht besprechen, wie sich im Sinne der Gesundheit Aufgaben anders verteilen lassen.

Fotocredits: Christin Klose,Lauterwasser Überlingen,Dieckmann-Fotodesign,VDBW
(dpa/tmn)

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