Wenn der Körper streikt: Wer Erwerbsminderungsrente bekommt 22. November 2016 Ratgeber Berlin (dpa/tmn) – Ein Erwerbsleben dauert rund 40 Jahre – je nach Ausbildung oder Studium ein paar Jahre kürzer oder länger. Aus gesundheitlichen Gründen müssen aber jedes Jahr mehrere Zehntausend Menschen ihren Job aufgeben, bevor sie das Rentenalter erreichen. Die Hauptursachen dafür sind laut des Bundesarbeitsministeriums (BMAS) Probleme mit Gelenken und Wirbelsäule, innere Krankheiten oder psychische Beschwerden. «Oft fängt der Körper gerade dann an zu streiken, wenn der Höhepunkt der beruflichen Laufbahn erreicht ist», sagt Christian Westhoff, stellvertretender BMAS-Pressesprecher. Damit aber mit der verminderten Erwerbsfähigkeit kein persönliches Drama entsteht, gibt es die Erwerbsminderungsrente. Wer hat Anspruch auf Erwerbsminderungsrente? «Die Erwerbsminderungsrente erhält, wer weniger als drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein kann», erklärt Wolfgang Wawro vom Deutschen Steuerberaterverband. Den Anspruch auf diese Leistung hat jeder Arbeitnehmer, der mindestens fünf Jahre vor Beginn der Erwerbsminderung rentenversicherungspflichtig gearbeitet und mindestens drei Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt hat. Berufsanfänger sind im Falle eines Arbeitsunfalls vom ersten Arbeitstag an geschützt, wie Dirk von der Heide erläutert, Sprecher der Deutschen Rentenversicherung Bund. «Ein privater Unfall ist unter bestimmten Voraussetzungen bereits nach einem Jahr Beitragszahlung abgesichert.» Wichtig ist, dass die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht ist. Zudem gilt laut von der Heide der Grundsatz «Reha vor Rente»: «Zunächst wird geprüft, ob die Erwerbsfähigkeit durch medizinische oder berufliche Rehabilitation wieder hergestellt werden kann.» Das Ziel ist klar: Der Arbeitnehmer soll selbst seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Die Höhe der Rente wird individuell berechnet, auf Grundlage der Versicherungsjahre in der Rentenversicherung und den Entgeltpunkten. Oft reicht das nicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann diese Lücke füllen. Gibt es eine Staffelung? «Es wird zwischen der Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung unterschieden», erklärt von der Heide. Wer zwischen drei und sechs Stunden jeden Tag arbeiten kann, kann eine teilweise Erwerbsminderung bekommen. Zusammen mit einer regulären Arbeit sollte das Geld dann zum Leben reichen. Wer weniger arbeiten kann – in seinem gelernten oder einem anderen Job -, soll mit der Rente den Verdienst ersetzen. Erwerbsminderungsrenten sind prinzipiell befristet auf drei Jahre, können laut Wawro aber verlängert werden. Gibt es Mindestvoraussetzungen beim Alter oder bei den Berufsjahren? Fünf Jahre lang müssen Beiträge gezahlt worden sein. «Zusätzlich müssen in den fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung belegt sein», erläutert von der Heide. Eine Ausnahme gibt es für all jene, die bereits vor dem 1. Januar 1984 fünf Jahre lang und danach lückenlos eingezahlt haben. Darf man noch arbeiten, wenn man Erwerbsminderungsrente bekommt? «Im Rahmen seiner eingeschränkten Möglichkeiten darf man durchaus noch arbeiten oder auch selbstständige Einkünfte erzielen», sagt Steuerexperte Wawro. Wer den vollen Rentensatz bekommt, darf im Monat 450 Euro dazuverdienen und zweimal im Jahr sogar das Doppelte. «Meist werden auch gleitende Sätze akzeptiert. Es kann also der Durchschnitt eines Zeitraums gebildet werden, wenn das Einkommen um die Grenze schwankt», sagt Wawro. Ist das Einkommen höher, wird laut von der Heide die Rente gekürzt oder nicht mehr gezahlt. Bei teilweiser Erwerbsminderung werden die Grenzen individuell ermittelt, unter anderem sind sie von den Bruttoarbeitsverdiensten in den drei Kalenderjahren vor der Rente abhängig. «Reicht die Rente zum Lebensunterhalt nicht aus, können ergänzende Sozialleistungen beantragt werden», sagt von der Heide. Nicht zum Zuverdienst gehören Pflegegeld, Einkünfte als Behinderter und Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Mieteinnahmen. Fotocredits: Julian Stratenschulte (dpa)